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Regelmäßiges Desinfizieren der Hände ist so selbstverständlich geworden wie Zähneputzen. Doch die meisten Desinfektionsmittel enthalten giftige Stoffe und greifen die schützende obere Hautschicht an. Zudem sind  alkoholhaltige Desinfektionsmittel problematisch für alkohol- und drogenabhängige Menschen wie die Rehabilitanden der Fachklinik Weinböhla, die auf dem Weg sind, sich aus der Sucht herauszukämpfen. Ob in der Luft oder an den Händen, den Alkohol in Desinfektionsmitteln kann man förmlich riechen. Das Suchtgedächtnis der Betroffenen kann dies als Stimulus wahrnehmen, darüber Suchtdruck und eine Rückfallgefährdung provozieren. Ein Rückfall, kurz nach der Entgiftung und mitten in der Therapie, wäre dramatisch.

Um solche Risiken zu minimieren, startet die Fachklinik Weinböhla pünktlich zum Welthändehygienetag am 5. Mai 2021 einen Feldversuch: Händedesinfektion mit Kaltplasma. Ganz ohne alkoholische Lösungen oder chemische Substanzen, aber trotzdem effektiv und hautschonend. Eine spannende Prämisse…

Wie funktioniert Desinfektion durch Kaltplasma?

In der Medizin wird kaltes Plasma (Plasma ist der vierte physikalische Aggregatzustand) bereits erfolgreich bei der Wundbehandlung eingesetzt, es eignet sich aber auch zur Bekämpfung von Bakterien und Viren.

So verspricht es auch der „Hand Sanitizer“ des Startups WK-MedTec GmbH aus Bückeburg. Das Gerät vernebelt reines Wasser zu feinsten Tröpfchen und mischt diese mit Kaltplasma behandelter Umgebungsluft. Man hält beide Hände für ca. 15 Sekunden in die dafür vorgesehene Kammer -ähnlich wie beim Händetrockner- und die Mischung überträgt sich auf die Hautflächen. Ein Signalton gibt zu verstehen, dass die Desinfektion abgeschlossen ist – die Hände sind dann bereits nicht mehr nass, 99,99% aller Bakterien sollen abgetötet sein. Ein Kohlefilter reguliert die Abluft.

Testlauf an Rehabilitationsklinik – Start zum Welthändehygienetag

Der Hersteller brachte seine Kreation bereits erfolgreich in zahnärztlichen und dermatologischen Praxen, Banken und Hotels zum Einsatz. Die innovative Desinfektions-Variante testeten auch Mitarbeitende in der Verwaltung der Diakoniestiftung in Sachsen. Nun kommen vier Exemplare des „Hand Sanitizers“ am Reha-Standort Weinböhla zum Einsatz.

Bis zu 160 alkohol- und medikamentenabhängige Menschen in Therapie und ein multiprofessionelles Behandlungsteam aus 30-40 Personen sind in der Fachklinik Weinböhla täglich vor Ort. Klar, dass hier Hygiene und Infektionsschutz eine große Rolle spielen, umso mehr in Pandemie-Zeiten. Die Geräte werden überall da installiert sein, wo viel Durchlauf zu erwarten ist: vor dem Speisesaal, im Eingangsbereich, bei der Medikamentenausgabe.

Roberto Schimana, Geschäftsführer der Evangelischen Fachkliniken Heidehof gGmbH und Vorstand der Diakoniestiftung in Sachsen, sieht in der neuen Desinfektions-Variante mehrere Vorteile vereint: „Beim Selbsttest haben mich Nutzerfreundlichkeit und Effektivität überzeugt. Die Methode ist aber auch geeignet, um den Missbrauch von alkoholhaltigem Desinfektionsmittel auszuschließen. Die Geräte sind gegen Diebstahl gesichert.“

Chefarzt der Fachklinik Sven Kaanen erklärt: „Olfaktorische  Reize von alkoholhaltigem Desinfektionsmittel können das Suchtgedächtnis aktivieren und einen Rückfall begünstigen. Im schlimmsten Fall trinken Patienten diese Mittel.“ Solche Gefährdungen sind bei Desinfektion mit Kaltplasma ausgeschlossen, hier wird Reinwasser verwendet. Die Qualität der neuen Methode hat auch Sven Kaanen überrascht. „In 15 Sekunden ist die Händedesinfektion gründlich bis unter die Fingernägel abgeschlossen. Das ist deutlich effizienter, als wenn man im Vorbeigehen einen Desinfektionsspender bedient. Von daher begrüße ich diesen Feldversuch als zusätzliche Hygiene-Maßnahme an unserer Klinik.“

 

In der Stiftungsverwaltung wurde der „Hand Sanitizer“ getestet.In der Stiftungsverwaltung wurde der „Hand Sanitizer“ getestet.